Rathausneubau
Im Mai 2022 wurde das neue Rathaus der Kreis- und Hansestadt Korbach nach rund drei Jahren Bauzeit eröffnet. Für 24,5 Millionen Euro wurde ein modernes Raumangebot mit großem Eingangsbereich und innovativen Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger geschaffen. Auf dieser Seite finden Sie Informationen zur Historie des Rathauses und zur Umsetzung des Neubaus mit dem Konzept Urban Mining.
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Historie des Korbacher Rathauses
Das historische Rathaus im gotischen Baustil wurde 1377 erbaut. Es markiert die Keimzelle von Bürgerstolz, Selbstverwaltung und Mitbestimmung in der alten Hansestadt. Nach dem Aufstand der Zünfte im Jahre 1377 verschmolzen Korbacher Alt- und Neustadt und die Bürger ließen genau am Schnittpunkt das gemeinsame Rathaus neu erbauen.
Nachdem es bei einem Brand im Jahre 1664 fast komplett zerstört wurde, erfolgte 40 Jahre später der Wiederaufbau. 1929 ergänzt durch den Anbau eines Turmes sowie den Arkadengang entlang der Stechbahn.
In den 1970er Jahren wurde das Bestandgebäude, durch einen für diese Zeit typischen Anbau, erweitert: Sicht-, respektive Waschbeton, offene Tragstrukturen, roher Baustoff. Einer dieser Ära geschuldeten stadtbildprägenden Bauten, die sich nicht einfügen wollen, sondern selbstbestimmt fern jeglicher Maßstäblichkeit das städtebauliche Umfeld dominieren.
Im Zeitgeist der 1970er-Jahre schien das eine gelungene Verbindung aus Alt und Neu. Heute erscheint die Großraumstruktur mit aufwendigen Klimatisierungsanlagen, neben dem allgemeinen Substanzverlust der Materialien, funktional, energetisch, aber vor allem auch städtebaulich komplett aus der Zeit gefallen.
Vorausschauend wurden im Umfeld des Rathauses bereits in der jüngeren Vergangenheit zwei Gebäude zur Flächenarrondierung in unmittelbarer Nähe erworben. Während das Gebäude Professor-Kümmell-Straße 11, das sogenannte „Reinhardsche Haus“, nicht denkmalgeschützt und als nicht sanierungswürdig abgebrochen wurde, sollten die Objekte Professor-Kümmell-Straße 9, u. a. aufgrund einer seltenen Giebelkonstruktion als Einzelkulturdenkmal gelistet und die Stechbahn 5, die sogenannte „Stadtwache“ in die Planung integriert werden.
In diesem Kontext galt es zu prüfen inwieweit das Areal, unter Einbeziehung der angrenzende Gebäude und Flächen geeignet ist, hier durch Umbau und Erweiterung einen zeitgemäßen und dauerhaften Standort der Verwaltung zu etablieren.
Umsetzung des Neubaus
In der ersten Phase erarbeiteten 133 Teilnehmer grundsätzliche städtebauliche Vorschläge und legten die Nutzungsverteilung fest. Im Januar 2017 wurden durch das Preisgericht 21 Teilnehmer für die weitere Bearbeitung ausgewählt.
In der zweiten Phase wurde der Schwerpunkt auf die Durcharbeitung und Weiterentwicklung des Entwurfes gelegt. Nach einem Rückfragekolloquium und der Besichtigung des Wettbewerb Gebietes tagte das Preisgericht abschließend am 4. Juli 2017 um letztlich über den Siegerentwurf zu entscheiden.
Der über den städtebaulichen Architektenwettbewerb prämierte und zur Ausführung ausgewählte Entwurf der Architekten Christian Thomann und heimspielarchitekten aus Münster, überzeugt insbesondere dadurch, dass es gelingt das historische Rathaus baulich vollständig in den neuen Rathauskomplex zu integrieren, historische Sichtbezüge und Achsen wieder frei zulegen und so einen bedeutenden Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtreparatur darzustellen.
Der ungewöhnliche Standort des historischen Rathauses, erfährt erstmals eine auch stadträumlich funktionierende Adressbildung, alt und neu werden bei gegenseitigem Respekt, zur Gestaltung weit in die Zukunft.
Urban Mining Konzept
Die Idee des Urban Minings steht für vom Menschen geschaffene Gebäude und Infrastrukturen als Rohstoffquellen und bindet diese erneut in den Materialkreislauf ein. Sowohl Abbruch als auch die Neubauplanung werden unter die Prämisse des Urban Mining gestellt. Die Stadt Korbach möchte weitergehend nachhaltig agieren und die projektspezifischen Möglichkeiten des ressourcenschonenden Bauens und ggf. den Einfluss auf die Vor- und Entwurfsplanung mit dem Projekt Rathaus in einer konkreten Maßnahme umsetzen.
Der erste Schritt im Rahmen des Rückbaus war das Abbruchmaterial, Beton mit sekundärer Gesteinskörnung, aber auch Ziegelbruch aus den Fassaden und den Dachflächen für den Wiedereinbau vorzubereiten. Recycling-Beton wird bislang vorwiegend im Tiefbau eingesetzt, nachweislich sollte die Verwendung aber nicht nur in der Forschung, sondern auch praktisch, im konstruktiven Hochbau möglich sein und nachgewiesen werden.
Der somit ressourcenschonende Baustoffeinsatz und eine energiesparende Bauweise sollen dazu beitragen, dass das Projekt beispielhaft für zukünftige Umbauten steht und die eingesetzten Materialien möglichst entsprechend ihrer stofflichen Qualität wiederverwendet werden können oder leicht rückzubauen sind.